Landminen in Kolumbien
Kolumbien ist massiv mit Landminen verseucht, nach jahrelangen bewaffneten Konflikten zwischen der Regierung und nichtstaatlichen Gruppen. Die Minen wurden weit verstreut verlegt und verhindern so die landwirtschaftliche Nutzung vieler Flächen und gefährden die Bevölkerung auf dem Weg zur Schule oder zu wichtigen Dienstleitungen. Immer wieder kommt es zu Unfällen. Kolumbien gehört zu den Ländern mit den meisten Minenopfern seit Aufzeichnung der Daten weltweit.
Kolumbien ist seit dem 1. März 2001 Mitglied des Ottawa-Vertrags und ist damit verpflichtet, sein Staatsgebiet bis zu einer Frist vollständig von Minen zu befreien.
Nach offiziellen Angaben der kolumbianischen Regierung gab es im Jahr 2023 insgesamt 895 Einsätze von Minen. Das stellt eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr 2022 dar. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 wurden nochmals 537 Einsätze von Minen gemeldet.
Während des jahrzehntelangen Konflikts mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen wurden in jedem der 32 Bezirke Kolumbiens Landminen eingesetzt. Alle Minen sollen von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen verlegt worden sein. Heute werden in 14 der 32 Bezirke Minen vermutet.
Letztes Update: 20.11.2024
Das lesen Sie auf dieser Seite:
Woher stammen die Daten auf dieser Seite
Die meisten Daten auf dieser Seite stammen aus dem Landmine-Monitor. Der Monitor ist ein jährlich erscheinender Bericht, der über die Umsetzung der Ottawa-Konvention, also des internationalen Minenverbots informiert. Handicap International ist im Kuratorium des Monitors.
Der aktuellste Landminen-Monitor vom November 2024 enthält Informationen über die Entwicklungen im Jahr 2023 - und, wann immer möglich, bis Oktober 2024. Er liefert detaillierte Daten und Analysen zur Einhaltung und Umsetzung des Vertrags weltweit. Der Fokus liegt auf den Fortschritten und Herausforderungen des letzten Kalenderjahres.
!! Handicap International führt selbst keine länderweiten Erhebungen zu Minen- und Opferzahlen durch !!

Kaffeeanbau ohne Angst vor Minen
Unser Team hat das Gebiet geräumt - Endlich kann Justiniano Pencue auf seiner Plantage Kaffee anbauen.
Lesen Sie hier mehr über unseren Einsatz.

Wie viele Unfälle mit Minen gab es bisher?
Insgesamt starben seit 1990 über 2.000 Menschen, rund 10.000 wurden verletzt. Dabei weist die Region Antioquia im Nordwesten Kolumbiens die höchste Zahl an Minenopfern auf.
Das im Jahr 2016 verabschiedete Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia-Ejército de Pueblo) verstärkte auch die Bemühungen in der Minenräumung. Nach dem Friedensabkommen mit der FARC-EP sank die Zahl der Minenopfer im Jahr 2017 im Vergleich zu den Vorjahren zwar zunächst auf 52, seither stieg sie jedoch wieder an. Im Zeitraum von Januar bis Juni 2021 wurden 73 Menschen durch Minen verletzt oder getötet. Im Jahr 2022 waren es 145.
Im Jahr 2022 und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 gab es Berichte über militärische und zivile Opfer von Landminen in den Departements Antioquia, Arauca, Bolívar, Cauca, Chocó, Huila, Meta, Nariño, Norte de Santander, Putumayo und Valle del Cauca. Dies sind alles Regionen, in denen der bewaffnete Konflikt zwischen der Nationalen Armee Kolumbiens und den NSAG andauerte. Es ist schwierig, genau zu bestimmen, wann diese Minen gelegt wurden
Wo liegen Minen in Kolumbien?
Während des jahrzehntelangen Konflikts mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen wurden in allen der 32 Bezirke Kolumbiens Landmineneingesetzt. Alle Minen sollen von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen verlegt worden sein.
Heute werden in 14 der 32 Bezirke Minen vermutet. Ende 2023 meldete Kolumbien eine kontaminierte Fläche von 4,47km² in 14 Bezirken, was einen leichten Anstieg im Vergleich zu den 3,81km² im Jahr 2022
Auch wenn die Dichte der verlegten Minen vergleichsweise gering ist, und die Minenfelder eine durchschnittliche Größe von nur 4m² haben, ist jedes potentiell verminte Gebiet für die Bevölkerung nicht betretbar.
Da die nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen speziell das Militär schädigen wollten, wurden die Bürger*innen über den grundsätzlichen Einsatz der Minen informiert. Details zu den genauen Standorten werden jedoch meist nicht bekannt gegeben. Die Bevölkerung der betroffenen Gebiete befürchtet daher auch bei fehlenden Hinweisen Minen, weshalb viele Flächen ungenutzt bleiben. Das Vorhandensein von Minen oder die Angst vor ihnen schränkt den landwirtschaftlichen Betrieb ein und isoliert oftmals die ländliche Bevölkerung. In vielen Fällen ist zudem der Weg zur Schule oder zu wichtigen Dienstleistungen gefährdet.
Landminen sind auch einer der Gründe für die hohe Anzahl an Binnenvertriebenen innerhalb Kolumbiens (15% der Bevölkerung). Eine Rückkehr in ihre Herkunftsregion ist oft aufgrund der verminten Gebiete und der anhaltenden Gefahr nicht möglich.
Wer verlegt die Minen?
Während des jahrzehntelangen Konflikts mit nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen, wurden Landminen in allen der 32 Bezirke Kolumbiens eingesetzt. Alle Minen sollen von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen verlegt worden sein.
In Kolumbien stellen die Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional, ELN), Dissidentengruppen der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens - Volksarmee (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia - Ejército del Pueblo, FARC-EP oder FARC) und andere NSAGs weiterhin Antipersonenminen her und setzen sie ein.
Sind Minen in Kolumbinen verboten?
Antipersonen-Minen sind in Kolumbein verboten. Kolumbien ist seit dem 1. Juni 2006 Vertragsstaat der Ottawa-Konvention, die das Verbot von Antipersonenminen regelt. Sie fordert von den Vertragsstaaten außerdem die Zerstörung von Minenbeständen, umfassende Maßnahmen zur Minenräumung sowie die Unterstützung von Opfern. Nicht-staatliche Akteure fühlen sich aber meist nicht an Verträge gebunden, die die Regierungen ihres Landes verabschiedet haben. So auch in Kolumbien, wo vermutlich alle Einsätze von Landminen durch diese nicht-staatlichen Akteure erfolgt.
Antifahrzeug-Minen, wie Panzerminen sind in Kolumbien nicht verboten. Die Ottawa-Konvention verbietet deren Einsatz leider nicht.
Werden die Minen geräumt?
Ein im Jahr 2016 verabschiedete Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia-Ejército de Pueblo) verstärkte auch die Bemühungen in der Minenräumung. Trotzdem bleiben weite Flächen noch immer ungeräumt. Folglich konnte die im Landminenverbotsvertrag definierte Frist zur Minenräumung bis März 2021 nicht eingehalten werden und wurde bis zum 31.12.2025 verlängert.
Im Jahr 2023 wurden in Kolumbien 1,73 km² Fläche von Minen befreit und 339 Minen zerstört.
Kolumbien meldete, dass es seine Frist nicht einhalten wird, da die NSAG weiterhin improvisierte Minen einsetzen.
Wie hilft Handicap International den Menschen in Kolumbien?
Zu den Maßnahmen von Handicap International (HI) in Kolumbien gehören die Minenräumung, Opferhilfe und Projekte zur wirtschaftlichen Integration. HI versorgt auch venezolanische Geflüchtete mit Reha-Leistungen und psychosozialer Unterstützung.
Bewaffnete Gewalt ist in Kolumbien alltäglich. In vielen Gebieten finden sich Minen und Sprengfallen, die ein erhebliches Risiko für die Bevölkerung darstellen. Als Reaktion darauf führt Handicap International in fünf Regionen des Landes - Cauca, Meta, Nariño, Antioquia und Acandi – humanitäre Minenräumungen durch, um den Menschen eine sichere Rückkehr in ihre Heimatorte – und in ihr Leben – zu ermöglichen.
Gleichzeitig organisieren unsere Teams Aufklärungsveranstaltungen über die Gefahren von Minen und Sprengfallen, um die Zahl der Unfälle auf ein Minimum zu reduzieren. So können die Menschen vor Ort gefährliche Situationen erkennen und sich entsprechend verhalten. Zudem unterstützen wir kommunale Projekte zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft. Schließlich verschafft HI den Dorfbewohner*innen den Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen und psychosozialer Unterstützung, wobei die Bedürfnisse besonders gefährdeter Gruppen wie ältere Menschen, jüngere Menschen und Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden.
Kolumbien beherbergt mehr als 1,8 Millionen venezolanische Geflüchtete. HI arbeitet sowohl mit den Aufnahme- als auch mit den Flüchtlingsgemeinschaften zusammen. Das Projekt unterstützt die Betroffenen mit psychosozialer Hilfe und speziellen Rehabilitationsmaßnahmen, einschließlich orthopädischen Geräten und technischen Hilfsmitteln für die Mobilität, wie Prothesen, Rollstühle und Gehhilfen. In Bogotá führen unsere Teams ein Projekt zur Unterstützung obdachloser Flüchtlingskinder durch. Sie erhalten dort eine Unterkunft, medizinische Versorgung und Zugang zu Bildung. Das Projekt trägt dazu bei, die wirtschaftliche Inklusion von Migrant*innen durch den Zugang zu Dienstleistungen und finanzieller Unterstützung zu fördern.
Darüber hinaus schulen unsere Teams Finanzakteure, damit sie die Bedürfnisse Geflüchteter besser verstehen und die finanziellen Risiken, denen sie ausgesetzt sind, berücksichtigen können. Unsere Teams organisieren Aktivitäten zur Förderung des sozialen Zusammenhalts zwischen venezolanischen Geflüchteten und der kolumbianischen Aufnahmebevölkerung und fördern die Schaffung und Entwicklung von Schutz- und Unterstützungsmechanismen in den Gemeinden.
Schließlich unterstützt Handicap International Frauen und Mädchen in La Guajira, im Norden des Landes, um ihren Zugang zu Gesundheitsdiensten und sexuellen und reproduktiven Rechten zu fördern. Die Teams führen Sensibilisierungskampagnen und Informationsworkshops durch und schulen Gemeindemitglieder in Gesundheits- und Hygienefragen.
Informieren sie sich weiter:
Portraits aus unseren Ausstellungen
In Zusammenarbeit mit dem Journalisten und Fotografen Till Mayer haben wir zwei Ausstellung konzipiert, die deutschlandweit verliehen werden. "Barriere:Zonen" und "erschüttert" erzählen bewegende Geschichten von Menschen aus Krisengebieten, von denen viele eine Behinderung haben. Lesen Sie hier Ihre Geschichten.

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Headerbild: Eine kolumbianische Entminerin bei ihrer gefährlichen Arbeit. - © J. M. Vargas / HI