Ein Minenwarnschild auf einem nebligen Hügel.

Eineinhalb Jahre nach der Verabschiedung der Politische Erklärung zum besseren Schutz der Zivilbevölkerung vor dem Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten (EWIPA) kamen Ende April 2024 zahlreiche Akteure in Oslo zusammen, um sich erstmalig über die Fortschritte in der Umsetzung des Abkommens auszutauschen.

Das Konferenzteam von HI zusammen mit der Aktivistin Nujeen und dem Münchner Graffiti-Künstler Lando vor einem Kunstwerk, das am Konferenztag angefertigt wurde. / © HI
Das Konferenzteam von HI zusammen mit der Aktivistin Nujeen und dem Münchner Graffiti-Künstler Lando vor einem Kunstwerk, das am Konferenztag angefertigt wurde. / © HI 

Unter den Teilnehmenden waren Vertreter*innen der meisten Unterzeichner- sowie einiger Nicht-Unterzeichnerstaaten, UN-Organisationen, internationaler und lokaler NGOs aus konfliktbetroffenen Staaten sowie Überlebende von Explosivwaffeneinsätzen. Der Staatenkonferenz, die die norwegische Regierung am 23. April 2024  ausrichtete, ging ein zivilgesellschaftliches Forum voraus. Zudem folgte ihr ein von Handicap International (HI) organisierter thematischer Workshop zur Konkretisierung der humanitären Verpflichtungen, die in der politischen Erklärung verankert sind.

Tag 1 – 22. April 2024: Protection Forum

Den Auftakt der Veranstaltung bildete das sogenannte Protection Forum am Montag, das vom Norwegischen Roten Kreuz und dem Internationalen Netzwerk zu Explosivwaffen (INEW) , dessen Gründungsmitglied HI ist, organisiert wurde. Neben zivilgesellschaftlichen Organisationen nahmen auch Vertreter*innen von Staaten, internationalen Organisationen und Selbstvertreter*innen aus Gebieten teil, die von EWIPA betroffen sind.

Die Redner*innen des Forums betonten in zwei Panels die Zunahme bewaffneter Konflikte und die verheerenden Folgen des Einsatzes von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten (EWIPA) in Gaza, Myanmar, Sudan, Syrien, Ukraine und Jemen. Diskutiert wurden außerdem die verehrenden Folgen des Einsatzes von EWIPA für die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur sowie die Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Kulturstätten.

Ein Höhepunkt der Podiumsdiskussion war die Rede von Nujeen Mustafa, Aktivistin für die Rechte von Menschen mit Behinderung und Geflüchteten, mit der HI während der EWIPA-Verhandlungen eng zusammengearbeitet hat.

"Menschen mit Behinderungen wurden in Syrien in Zeiten des Friedens vergessen, was erwarten Sie also in Zeiten des Krieges? Ich musste mir antrainieren, nicht in Panik zu geraten, aber natürlich hatte ich große Angst. Wenn ich bei einem Angriff verletzt worden wäre, hätte ich keine Chance gehabt, das Krankenhaus zu erreichen.“

 

Zudem wurde der neue Explosivwaffen-Monitor 2023 von INEW vorgestellt. Die Daten des Monitors zeigen, dass 2023 weltweit immer mehr Länder und Gebiete von Explosivwaffen betroffen waren und die Zahl der zivilen Opfer durch den Einsatz von EWIPA im Vergleich zum Vorjahr 2022 gestiegen ist.

Abschließend nahmen Vertreter*innen Irlands, Norwegens und Costa Ricas einen gemeinsamen Appell von Selbstvertreter*innen betroffener Gebiete entgegen. Darin rufen sie die Staaten dazu auf, den Worten aus der politischen Erklärung konkrete Taten folgen zu lassen, die die Zivilbevölkerung künftig besser vor dem Einsatz von EWIPA schützt.

 

Tag 2 – 24. April 2024: Staatenkonferenz zur Umsetzung der EWIPA-Erklärung

Am Folgetag fand die erste internationale Konferenz zur Implementierung der politischen Erklärung zu EWIPA statt, die von der Regierung Norwegens ausgerichtet wurde. Sie befasste sich mit der Umsetzung der im Abkommen verankerten Verpflichtungen. Dies beinhaltete vor allem die Verpflichtungen zur Anpassung militärischer Strategien und Praktiken zum besseren Schutz der Zivilbevölkerung vor dem Einsatz von EWIPA sowie zur Unterstützung vom Einsatz von EWIPA betroffener Menschen und Gemeinden.

Die Staaten berichteten dabei über die Fortschritte, die sie seit der Unterzeichnung der politischen Erklärung in diesen Bereichen geplant oder sogar bereits erzielt haben.

Der Tag wurde mit einer hochrangigen Podiumsdiskussion eröffnet, an der auch Marwa Almbaed teilnahm, eine syrische Kriegsüberlebende und Selbstvertreterin, die seit einigen Monaten mit HI zusammenarbeitet.

In ihrem Eröffnungsstatement teilt sie nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern auch die ihres Freundes Omar, der sich acht Jahre nach seiner Flucht nach Deutschland wegen der ihn prägenden Erfahrungen im Krieg das Leben nahm. Dabei macht sie auf die psychischen Auswirkungen des Krieges für die Zivilbevölkerung aufmerksam, die, wie die tragische Geschichte Omars verdeutlicht, langanhaltend sein können.

„75% der Syrer*innen sind vom Krieg traumatisiert, einer von ihnen ist mein Freund Omar. Er war tief traumatisiert und trotz Therapie starb er vor einem Monat durch Selbstmord, 8 Jahre nach seiner Flucht nach Deutschland.“

 

Die norwegische Ministerin für internationale Entwicklung Anne Beathe Tvinnereim fand eindrückliche Worte in ihrer Abschlussrede „Jedes Mal, wenn eine Zivilperson durch Explosivwaffen verletzt, vertrieben oder getötet wird, wird sich ein Leben, eine Zukunft für immer verändern.“  Costa Rica kündigte zum Schluss noch an, die Konferenz im Folgejahr ausrichten zu wollen.

Ein künstlerisches Highlight beim Protection Forum und auf der Konferenz war das gemeinsame Projekt des deutsch-ukrainischen Graffiti-Künstler-Trios bestehend aus Melander Holzapfel (Lando), Nils Jänisch (BERTend2end) und Valerii Kolor (Zdesroy). An beiden Tagen sprayten sie parallel zu den jeweiligen Veranstaltungen Kunstwerke mit der klaren Botschaft: Stop Bombing Civilians!

Tag 3 – 25.April 2024: Thematische Workshops

Den Abschluss bildeten zwei von INEW organisierte thematische Workshops am Mittwoch: einer zur Anpassung militärischer Strategien und Praktiken und ein weiterer zur Unterstützung für die vom Einsatz von EWIPA betroffenen Menschen und Gemeinden mit besonderem Fokus auf dem Zugang zu humanitärer Hilfe.

Handicap International war, als internationale Organisation für Nothilfe, federführend an der Vorbereitung und Durchführung des zweiten hier genannten thematischen Workshops beteiligt. Zahlreiche lokale und internationale NGOs sowie Vertreter*innen zahlreicher Staaten und UN-Organisationen nahmen daran teil und tauschten sich über aktuelle Herausforderungen sowie bewährte Praktiken aus,