Ein Minenwarnschild mit Totenkopf auf einem nebligen Hügel.

Experten tagen in Bad Mergentheim und finden keine eindeutigen Antworten

Bad Mergentheim. Die Bad Teinacher Gespräche in Bad Mergentheim - das ist kein Schreibfehler: 16 Jahre lang hatten die Rechtsberater der Bundeswehr und des Deutschen Roten Kreuzes im nördlichen Schwarzwald getagt. Doch in den letzten Jahren war der Tagungsort zu klein geworden. Bad Mergentheim bot sich mit seiner guten Infrastruktur und dem ansprechenden Ambiente an. Und so erhielt es von den Veranstaltern, dem Landeskonventionsbeauftragten des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg, Dr. Rudolf Goldmann und dem stellvertretenden Geschäftsführer des DRK-Landesverbands Klaus Berthold den Zuschlag.

So trafen sich am vergangenen Wochenende zirka 130 Rechtsberater und Rechtslehrer der Bundeswehr, Juristen des DRK sowie Rechtsinteressierte im Roten Saal des Deutschordensschlosses, um über rechtliche Aspekte des letzten Libanonkrieges zu diskutieren.

Im Eingangsreferat stellte Rainald Becker, Leiter der Redaktion "Weltspiegel" vom SWR, Filmmaterial vor, das er als Auslandskorrespondent der ARD im Libanon gesammelt hatte. Es zeigte eindrucksvoll die Folgen des Krieges für die libanesische Bevölkerung. Professor Dr. Horst Fischer von der Universität Leyden konstatierte, dass dieser Krieg weder der einen noch der anderen Seite genutzt habe; das israelische Kriegsziel sei verfehlt worden. Die Kriegsfolgen würden aber noch Jahre auf der Region lasten. Ein weiterer Waffengang sei nicht ausgeschlossen.

Einen breiten Raum nahm in der Diskussion die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Krieges ein: Waren die Gründe zum Kriegsgang und die Kriegshandlungen selbst mit dem humanen Völkerrecht vereinbar? Waren die Regeln der Verhältnismäßigkeit der Handlungen eingehalten? Professor Dr. Andreas Zimmermann, Universität Kiel, begründete, wie schwer darauf eine Antwort zu finden sei, da die Fakten nicht klar erkennbar seien und die Kriegsparteien dieses nicht preisgeben wollten. Überlagert worden sei der Konflikt in hohem Maße noch zusätzlich durch die Einflussnahme dritter Staaten.

Das Völkerrecht kenne nur Kriege zwischen Staaten oder militärischen Organisationen. Beides sei die Hisbollah nicht. Israel nenne diese Libanesen Terroristen, obwohl der oberste israelische Gerichtshof dies verneine, das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 der UN-Charta aber ausdrücklich anerkannt habe. Die Hisbollah selbst sähen sich als Freiheitskämpfer der schiitischen und palästinensischen Sache.

Wenn man den Kriegsgrund noch nachvollziehen konnte, blieben im Auditorium doch erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kampfhandlungen selbst und ihrer Verhältnismäßigkeit. Der Beschuss der nordisraelischen Städte mit Katjuscha-Raketen sei ein Angriff auf die Zivilbevölkerung und lasse sich nach Aussagen mehrerer Referenten nicht rechtfertigen mit der Behauptung, versteckte Soldaten treffen zu wollen.

Der Abwurf von Streubomben noch 72 Stunden vor Kriegende auf südlibanesisches Gebiet, als der Beschluss des UN-Sicherheitsrates von den Kriegsparteien schon akzeptiert worden sei, verstoße ebenso gegen das humanitäre Völkerrecht und stelle somit auch ein Kriegsverbrechen dar.

Über Jahre würden die libanesischen Bauern ihre Felder nicht bestellen können und seien auf fremde Hilfe angewiesen. Man gehe davon aus, dass zirka 40 Prozent der Streubomben beim Aufschlag nicht explodiert sind und jetzt todbringend auf den Feldern lägen.

Am nächsten Tag ergänzten Wolfgang Weber, der Rechtsberater der Deutschen Marine vor Ort, und Alfred Hasenöhrl vom Roten Kreuz in Amman die Thematik, indem sie den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen des UNIFIL-Mandates und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, das die Genfer Konvention überwachen soll, vorstellten.

Die abschließende Diskussionsrunde, die von Ministerialrat a.D. Dr. Dieter Fleck und Dr. Stephan Weber vom Bundesministerium für Verteidigung geleitet wurde, versuchte die unterschiedlichen Beiträge und Ansichten zu bündeln und ein Resümee zu erarbeiten, musste aber wegen der unsicheren Datenlage und den widersprüchlichen politischen Interessen Libanons und Israels einerseits wie Syrien, Iran und den Großmächten andererseits scheitern. Trotz vorhandenem scharfen juristischen Sachverstand waren keine eindeutigen Aussagen über Recht oder Unrecht zu treffen.

Einig war man sich indessen, dass Bad Mergentheim ein idealer Tagungsort sei, worüber sich die für den erkrankten Oberbürgermeister anwesende stellvertretende Bürgermeisterin Manuela Zahn wie der örtliche Ausrichter, der DRK-Kreisverband mit seinem Vorsitzenden Professor Dr. Werner Romen und Geschäftsführer Horst Eckel verständlicherweise freuten.

Die Chance ist groß, dass die nächste Bad Teinacher Tagung wieder zu einer Bad Mergentheimer Tagung wird.

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