Landminen in Syrien |  Landmine.de
Abdelkrim sitzt auf seinem Bett und man sieht seine Beinprothese.

Landminen in Syrien

Syrien ist stark mit Landminen verseucht. Das genaue Ausmaß der Kontamination in Syrien ist nicht bekannt, eine besonders hohe Dichte ist aber in den ehemals vom sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierten Gebieten gegeben. Die syrische Armee lagert Antipersonen-Minen und Antifahrzeug-Minen. Syrien ist kein Vertragsstaat der Ottawa-Konvention. Zwar erkannte die syrische Regierung unter Bashar al-Assad die Notlage von Minenopfern im Land an, setzte Antipersonen-Minen jedoch seit 2011 kontinuierlich ein.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 formierte sich eine Übergangsregierung einer militärischen Koalition unter der Führung der als islamistisch eingestuften Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS). Ende Januar 2025 wurde der HTS-Vorsitzende Ahmed Al-Scharaa zum Übergangspräsidenten ernannt und kündigte eine dreijährige Übergangsphase mit einer Verfassungsreform an. Inwieweit die neue Regierung -  trotz fehlender Bindung an den Landminenverbots-Vertrag - ihrer humanitären Verantwortung im Umgang mit Antipersonen-Minen nachkommen wird, oder diesem gar beitritt, bleibt abzuwarten.

Letztes Update: 03.06.2025

Syrien ist kein Vertragsstaat der Ottawa-Konvention. Zwar erkennt der Staat die Notlage der Minenopfer an, erachtet Antipersonenminen jedoch als notwendige Waffe, wie ihr Einsatz seit 2011 zeigt.

► Lesen Sie hier unseren Hauptartikel über Landminen

Das genaue Ausmaß der mit Landminen kontaminierten Fläche in Syrien ist nicht bekannt. Zwar ist ganz Syrien von Landminen betroffen, die Minendichte ist jedoch in den ehemals vom IS kontrollierten Gebieten besonders hoch. In den Regierungsbezirken von Idlib und Aleppo im Nordwesten des Landes werden die meisten Landminen vermutet. Aber auch die südlichen Gebiete an der Grenze zu Israel und Jordanien sind stark betroffen.

Zwischen 2011 und heute wurden in Syrien etwa 1 Million Minen und explosive Kampfmittel, darunter auch ein hoher Anteil improvisierter Kampfmittel, in Wohnhäusern und Schulen eingesetzt. 10 bis 30 % dieser Kampfmittel sind nicht detoniert, d. h., zwischen 100.000 und 300.000 nicht explodierte explosive Kampfmittel liegen noch immer in Trümmern, auf Feldern, Zufahrtsstraßen und in Grundwasserleitern in ganz Syrien. Minen- und Kampfmittelreste behindern direkt den Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen und Existenzgrundlagen, verhindern die sichere Lieferung humanitärer Hilfe und behindern baldige Wiederaufbaumaßnahmen.

Unterwasser-Räumungen von gefährlichen Blindgängern

In Syrien sind ganze Landstriche mit nicht explodierten Kriegsresten verseucht – eine tägliche Gefahr für die Zivilbevölkerung. 

Die Teams von HI entfernen diese Sprengkörper auch unter Wasser.

Im Zeitraum von 2011 bis 2021 gab es über 11.000 Tote und Verletzte durch Minen und Blindgänger. Im Jahr 2022 wurden 834 Todesopfer erfasst. 2023 verzeichnete Syrien ca. 933 Minenopfer.  In den Jahren 2020-2022 war Syrien das Land mit der höchsten Opferzahl weltweit.

 

Werden die Minen geräumt?

Mehrere Akteur*innen sind mit der Untersuchung und Räumung kontaminierter und damit gefährlicher Gebiete in Syrien betraut. Dazu gehören auch lokale Einsatzgruppen von Handicap International. Zudem erhält Syrien internationale finanzielle Unterstützung für die Räumung von Landminen. Antipersonen-Minen werden aktuell zwar nicht mehr aktiv eingesetzt, da es keine aktiven Kampfhandlungen mehr gibt. Die Gefahr besteht jedoch weiterhin, denn viele Minen liegen noch im Boden. Zivilist*innen, die nach dem Sturz des Assad Regimes in ihre zerstörten Wohnviertel und Häuser zurückkehren, sind der Gefahr von Landminen ausgesetzt. Zusätzlich befinden sich noch Blindgänger anderer Waffen wie Streubomben oder Explosivwaffen in den betroffenen Gebieten. Die Räumung dieser Kampfmittel ist daher essentiell für die Zivilgesellschaft.

 

Welche finanziellen Maßnahmen werden eingesetzt?

Syrien erhielt 2023 von mehreren Seiten internationale finanzielle Mittel für die Räumung von Landminen und Rehabilitationshilfe, u. a. durch die Finanzierung von Prothesen, und den präventiven Ausbau von Kapazitäten der lokalern Strukturen, um Minenräumungen durchführen zu können. Zu den Geldgeber*innen gehörten u. a. die Vereinigten Staaten von Amerika, der Voluntary Trust Fund (VTF), ITF Enhancing Human Security und der United Nations Mine Action Service (UNMAS). Wie in den Vorjahren, waren die Vereinigten Staaten (USA) auch 2023 der größte Geldgeber, gefolgt von Deutschland und der Europäischen Union (EU). Deutschland finanzierte mit 80,3 Millionen Dollar etwa 10 % der internationalen Finanzierung für Anti-Minen Aktionen.

Handicap International in Syrien

Handicap International kümmert sich um Reha-Maßnahmen und psychosoziale Unterstützung für Menschen mit Behinderungen. 

Wie hilft Handicap international den Menschen in Syrien?

Handicap International unterstützt in Syrien seit 2012 Menschen mit Behinderungen und Menschen, die durch Gewalt verletzt wurden, durch Rehabilitationsmaßnahmen, psychosoziale Betreuung und Hilfsmittelversorgung, wie die Bereitstellung von Prothesen und Orthesen. Seit dem Erdbeben am 6. Februar 2023 leistet Handicap International ebenfalls gezielte Hilfe für Betroffene. Seit Beginn des Bürgerkrieges im Jahr 2011 benötigten über 16 Millionen Menschen in Syrien Unterstützung, während der Zugang zu humanitärer Hilfe und einer sicheren Infrastruktur große Herausforderungen darstellten. Zudem führen Spezialteams Minenräumungen durch und organisieren Aufklärungskampagnen, um die Zivilbevölkerung - darunter viele Syrier*innen, die das Land unter dem Assad-Regime verlassen hatten - vor der Gefahr durch Landminen und Blindgänger aufzuklären und zu schützen. In Tabqa, im Nordosten Syriens, führt HI Räumungsarbeiten durch, um landwirtschaftliche Flächen von explosiven Kriegsresten zu befreien und sie an die lokale Bevölkerung zurückzugeben. Die Teams nutzen manuelle Methoden wie „Battle Area Clearance“ und haben bisher über 530.400 m² geräumt und 42 gefährliche Objekte zerstört. Die Räumung erfolgt in enger Abstimmung und mit einer Sensibilisierung für das Risiko der lokalen Bevölkerung. Nach Abschluss der Arbeiten wird das Land offiziell an die Behörden übergeben. Die Grundstücke können so an die rechtmäßigen Eigentümer*innen zurückgegeben werden.

 

Portraits aus unseren Ausstellungen

In Zusammenarbeit mit dem Journalisten und Fotografen Till Mayer haben wir zwei Ausstellung konzipiert, die deutschlandweit verliehen werden. "Barriere:Zonen" und "erschüttert" erzählen bewegende Geschichten von Menschen aus Krisengebieten, von denen viele eine Behinderung haben. Lesen Sie hier Ihre Geschichten.

Nujeen sitzt in einem Rollstuhl.
Nujeen kämpft für eine friedlichere Welt

Einst floh sie mit ihrer Familie und ihrem Rollstuhl von Syrien nach Deutschland. Heute hat sie ein Buch über ihre Erlebnisse geschrieben und vor den Vereinten Nationen gesprochen.

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Headerbild: Abdelkrims linkes Bein musste nach einem Unfall mit einer Landmine amputiert werden. - © Benoît Almeras/HI