Landminen in der Ukraine |  Landmine.de
Der Junge Eore steht neben seinem Fahrrad.

Landminen in der Ukraine

Die Ukraine ist stark mit Landminen verseucht. Diese stammen teils aus den beiden Weltkriegen und teils aus aktuellen bewaffneten Konflikten der Ukraine mit pro-russischen Separatisten und russischen Streitkräften. Die anhaltenden Konflikte erschweren die Räumung der Minen vor Ort. Immer wieder kommt es zu Unfällen. Zwischen 2011 und 2021 dokumentierte der Landminen-Monitor 3.108 Opfer von Landminen. Seit Beginn des russchischen Angriffskriegs im Februar 2022 bis Februar 2023 dokumentierte der OHCHR 629 Opfer von Landminen und explosiven Kriegsresten.

Letztes Update: 01.12.2022

Die Ukraine ist seit dem 01. Juni 2006 Vertragsstaat der Ottawa-Konvention. Das Land war bereits vor dem Angriffs Russland auf die Ukraine mit Landminen und anderen ERW (engl. Explosive Remnants of War - Explosive Überreste des Kriegs) kontaminiert. Die Kontamination des Landes stammt zum Teil aus dem 1. und 2. Weltkrieg. Zudem wurden Landminen in dem seit 2014 anhaltenden bewaffneten Konflikt zwischen der Ukraine und pro-russischen Separatist*innen eingesetzt, zunächst auf der Krim, später auch in den Regionen Donetsk und Luhansk. Obwohl das genaue Ausmaß der Kontamination noch nicht beurteilt werden konnte, gingen Schätzung von etwa 7.000 km² kontaminierter Fläche auf von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie 14.000 km² kontaminierter Fläche in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. 

Landminen im aktuellen Ukraine-Krieg

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 kam es gemäß dem Landminenmonitor 2022 zum Einsatz von mindestens sieben verschiedenen Arten von Antipersonen-Minen durch russische Streitkräfte. Ebenfalls setzten sowohl die ukrainische als auch die russische Seite in erheblichem Ausmaß Antifahrzeug-Minen ein. Bereits sechs Monate nach dem Ausbruch des Krieges wurde auf dem ukrainischen Territorium durch die Minenräumer des Staatlichen Katastrophenschutzes der Ukraine (SESU) 18.115.584m2 kontaminiertes Land identifiziert. Die vollständige Minenräumung kann laut Schätzungen der Minenabteilung von HI mehrere Jahrzehnte andauern. Schon heute gilt die Ukraine als eines der am stärksten durch Minen und Blindgänger verseuchten Länder.

Human Rights Watch (HRW) hat am 28. März 2022 zum ersten Mal den Einsatz von Landminen durch Russland in der Ukraine offiziell bestätigt. Eine ukrainische Einheit zur Kampfmittelbeseitigung hatte die Antipersonen-Minen vom Typ POM-3 in der östlichen Region Charkiw geortet. Bei dem eingesetzten Minentyp handelt es sich um eine neuentwickelte Sprengladung die mit einem seismischen Sensor versehen ist, um eine sich nähernde Person zu erkennen und somit eine Detonation auszulösen. Ausgestattet ist die Antipersonen-Mine zusätzlich mit einer Selbstzerstörungsvorrichtung, wodurch sich die Sprengladung nach Stunden oder wenigen Tagen angeblich selbst vernichtet. Nach bisher bekannten Informationen kann die Landmine über einen Radius von 16 Metern Tod und Verletzungen verursachen. Die Waffe unterscheidet dabei nicht zwischen militärischem Personal und zivilen Personen. Abgefeuert wurden die Waffen offensichtlich mit ISDM-Raketenwerfern, welche die Minen über eine Reichweite von 5 bis 15 Kilometern befördern können und auch für den Abwurf von Antifahrzeugminen verwendet werden können. 

Die UN-Menschenrechtsbeobachtungsmission in der Ukraine stellte 632 zivile Opfer durch Minen und explosive Kriegsreste seit Kriegsbeginn im Februar 2022 bis Februar 2023 fest.

Aufklärung über explosive Waffen

Da die großflächige Verseuchung mit Minen und Blindgängern eine akute Bedrohung für die ukrainische Bevölkerung darstellt, hat HI mit Aufklärungsteams im Land begonnen über die Gefahren vor Explosionen und Blindgängern zu warnen. Ein großer Teil der Aufklärung findet in Schulen statt, um Kindern anhand von Broschüren, Postern und Faltblättern zu zeigen, wie Sprengfallen oder Minen aussehen.

HRW-Bericht über möglichen Einsatz von Antipersonen-Minen durch ukrainische Streitkräfte

Ein aktueller Report von Human Rights Watch (31.01.2023) berichtet über Einsätze, dass in der Region Izium 2022 wahrscheinlich auch ukrainische Streitkräfte Antipersonen-Minen eingesetzt haben. Deshalb fordert die Organisation die ukrainischen Behörden auf, dass sie den Informationen umgehend nachgehen und prüfen, ob es tatsächlich zum Einsatz von Antipersonen-Minen durch die Ukraine gekommen ist. Sollte sich dies bestätigen, wäre es ein schwerer Verstoß gegenüber dem Minen-Verbotsvertrag, dem die Ukraine angehört. Die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen (ICBL) hat zum HRW-Bericht auch eine Erklärung abgegeben.

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Landminen im Konflikt im Donbass

Dem Landminen-Monitor liegen keine glaubhaften Informationen vor, dass die ukrainische Regierung im Konflikt im Donbass Antipersonen-Minen auf vertragswidrige Weise einsetzt. Berichten zufolge wurden in der Ostukraine improvisierte Minen durch pro-russische Separatist*innen in Wohngebieten und in der Nähe ziviler Infrastruktur verlegt. Dies beeinträchtigt das Leben von etwa 2 Mio. Menschen. Diese Landminen wurden in der Sowjetunion in den 1980er Jahren und in Russland in den 2000er Jahren produziert.

Zerstörung der gelagerten Minen

Die Frist zur Zerstörung gelagerter Minen, die auf den 01. Juni 2010 festgesetzt wurde, konnte von der Ukraine nicht eingehalten werden. Somit verstößt das Land in diesem Vertragspunkt seither gegen die Konvention. Auch die festgesetzten Fristen angesichts der Minenräumung wurden wiederholt nicht eingehalten – weder die Frist bis 2016, noch die, welche am 01. Juni 2021 auslief. Dies wurde durch den fehlenden Zugang zu verminten Gebieten auf der Krim sowie in den Regionen Donetsk und Luhansk begründet. Die nächste Frist wurde auf den 01. Dezember 2023 festgelegt. Aufgrund des anhaltenden Konflikts gilt die Einhaltung jedoch eher als unwahrscheinlich. Russland ist nicht Teil der Ottawa-Konvention.

Portraits aus unseren Ausstellungen

In Zusammenarbeit mit dem Journalisten und Fotografen Till Mayer haben wir zwei Ausstellung konzipiert, die deutschlandweit verliehen werden. "Barriere:Zonen" und "erschüttert" erzählen bewegende Geschichten von Menschen aus Krisengebieten, von denen viele eine Behinderung haben. Lesen Sie hier Ihre Geschichten.

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Headerbild: Alle Felder rund um das Dorf in dem der Junge Eore in der Ukraine lebt sind vermint. - © M.Monier / HI